


Kirschbaum, Magnete, Schraubverbindungen, Edelstahl
Der Diskurs um unser gegenwärtiges Zeitalter, das Anthropozän, thematisiert das unumkehrbare Eingreifen der Menschen in ihre Umwelt, angetrieben durch Kapitalismus und Kolonialismus. Doch die Vorstellung einer unberührten Natur war immer schon falsch—“Die Evolution unseres »Selbst« ist bereits von Zusammenstößen verunreinigt, von den Geschichten unserer Begegnungen; wir sind immer schon mit anderen verquickt, bevor wir eine neue Kollaboration anfangen” schreibt Anna Lowenhaupt Tsing in Der Pilz am Ende der Welt. Der in der Mitte des Raumes platzierte Kirschbaum verliert seine Fähigkeit zur Veränderung, die von nun an der Mensch übernimmt: Durch Magnete und Schraubverschlüsse lässt sich der Baum nach dem Baukastenprinzip kinderleicht auseinandernehmen und nach individuellem Belieben wieder zusammensetzen. Natur wird hier völlig den Vorstellungen des rationalen Homo oeconomicus unterworfen, der sie erobern und beherrschen will und sich gleichzeitig nicht als Teil von ihr erkennen möchte. Der Kirschbaum fußt in einem Podest aus Edelstahl, der ihn aus seiner Umgebung entwurzelt und zu einer ästhetisierten Erinnerung des Trugbilds von wilder Natur werden lässt. In dem Bestreben, ein Stück Natur in einem Moment festzuhalten, wird jegliche Möglichkeit symbiotischer Kollaboration verweigert, was letzten Endes erst recht in der Unterjochung der Umwelt resultiert.
Exzerpt aus dem Ausstellungstext von Sophie Publig
Photo © Galerie Elisabeth & Klaus Thoman /Flavio Palasciano
Cherrytreee, Magnets, Threads, Stainless Steel
The discourse around our current era, the Anthropocene, addresses the irreversible intervention of humans in their environment that has been fuelled by capitalism and colonialism. However, the notion of a pristine nature has always been fallacious: “The evolution of our “selves” is already polluted by histories of encounter; we are mixed up with others before we even begin any new collaboration”, writes Anna Lowenhaupt Tsing in The Mushroom at the End of the World. The cherry tree placed in the centre of the space loses its ability to change, which humans take over from now on. Thanks to magnets and screw caps, it is dead easy to take the tree apart using the building-block concept, just to put it back together again according to individual preferences. Here, nature is completely subjected to the visions of the rational homo oeconomicus who wants to conquer and dominate it, while at the same time does not want to recognise himself as part of it. The cherry tree rests on a pedestal made of stainless steel, which uproots it from its surroundings and turns it into an aestheticized reminder of the illusion of unruly nature. When trying to capture a piece of nature in a certain moment, any possibility of symbiotic collaboration is denied, which ultimately results in the subjugation of the environment.
Excerpt of the exhibition Text by Sophie Publig.
Photo © Galerie Elisabeth & Klaus Thoman /Flavio Palasciano